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GRA­FIK: Chris­ti­ne Plößer

16. Novem­ber 2022

Kapuziner-FAQ: Was bedeuten Profess und Gelübde?

In unse­ren „Kapu­zi­ner-FAQ“ beant­wor­ten wir die wich­tigs­ten Fra­gen rund um die Ordens­welt. Heu­te: Was ist die ein­fa­che, was die ewi­ge Pro­fess? Und was bedeu­ten die Gelüb­de, die die Kapu­zi­ner ablegen?

Was bedeutet Profess? 

Die Pro­fess ist das Gelüb­de, also ein fei­er­li­ches Ver­spre­chen, sich als Kapu­zi­ner an die Ordens­re­gel zu hal­ten, ohne Eigen­tum, in Keusch­heit und Gehor­sam zu leben. Das in der Pro­fess abge­leg­te Ver­spre­chen ist gleich­zei­tig der voll­wer­ti­ge Ein­tritt in den Orden.

Was ist die EINFACHE PROFESS?

Nach dem Novi­zi­at, der Grund­aus­bil­dung, legt man in den ers­ten Jah­ren eine ein­fa­che oder ers­te Pro­fess ab. Die Zeit danach heißt Juni­o­rat. Dies bedeu­tet, dass man sich immer nur für einen gewis­sen Zeit­raum, z.B. für ein Jahr, an den Orden bin­det. Es ist eine Zeit der Pro­be, in wel­cher der jewei­li­ge Bru­der und auch die Ordens­ge­mein­schaf­ten immer wie­der mit­ein­an­der prü­fen kön­nen, ob das Ordens­le­ben wirk­lich der rich­ti­ge Weg für die jewei­li­ge Per­son ist. Das Juni­o­rat mit ein­fa­cher Pro­fess muss min­des­tens 3 und darf maxi­mal 9 Jah­re umfas­sen. Wie lan­ge die­ser Zeit­raum im Ein­zel­nen ist und wie häu­fig die zeit­li­che Pro­fess ver­län­gert wird, ent­schei­den Orden und der jewei­li­ge Bru­der gemeinsam.

WIE WIRD DIE PROFESS ABGELEGT?

Das ers­te Mal wird die ein­fa­che Pro­fess inner­halb einer fei­er­li­chen Mes­se abge­legt. Dies kenn­zeich­net zugleich den Über­gang vom Novi­zi­at als Grund­aus­bil­dung in die nächs­te Aus­bil­dungs­stu­fe, das Juni­o­rat. Die Ver­län­ge­run­gen der ein­fa­chen Pro­fess fin­den in weni­ger fest­li­chen Rah­men im Abend­ge­bet (Ves­per) statt. Die fei­er­li­che Pro­fess fin­det wie­der in einer fei­er­li­chen Mes­se statt und wird häu­fig mit einem anschlie­ßen­den Fest mit Brü­dern, Fami­lie und Freun­den verbunden.

Sind Ordensname und Habit („Kutte“) an die Profess gekoppelt?

Den Habit erhält der jewei­li­ge Bru­der zum Beginn des Novi­zi­ats. Auf Wunsch kann der jun­ge Mann an die­ser Stel­le auch einen Ordens­na­men anneh­men. Da das Novi­zi­at noch eine beson­de­re Zeit des Erpro­bens und der Aus­bil­dung ist, legt der Bru­der zum Novi­zi­ats­be­ginn noch kei­ne Pro­fess ab. Somit ist die Pro­fess den Kapu­zi­nern nicht mit Ordens­na­men und Habit verknüpft.

Was sind die „evangelischen Räte“?

Die „evan­ge­li­schen Räte“ sind Rat­schlä­ge, die Jesus im Evan­ge­li­um geben hat. Sie bezie­hen sich auf ein Leben in Armut, Gehor­sam und Keusch­heit. Es geht qua­si um ein Para­do­xon. Da, wo ich immer mehr von mir las­se, wer­de ich immer offe­ner für Gott und kann so durch Gott immer mehr zu mir selbst fin­den. Die evan­ge­li­schen Räte sind somit Mit­tel, um sich Gott zu öff­nen und so ein Leben mit immer mehr Freu­de, Frei­heit und Leben­dig­keit zu leben.

Was bedeutet „Armut“?

Wir Kapu­zi­ner leben, genau genom­men, nicht arm, son­dern besitz­los. Als ein­zel­ne Brü­der ver­spre­chen wir, kein Eigen­tum zu haben, aber unser Orden besitzt ein­zel­ne not­wen­di­ge Din­ge, wie etwa Gegen­stän­de des all­täg­li­chen Lebens. Bei der Besitz­lo­sig­keit geht es dar­um, los­zu­las­sen. Wenn ich nichts Eige­nes habe, muss ich auch nichts behü­ten, ver­meh­ren, beschüt­zen, son­dern ich bin frei. Frei für die Begeg­nung mit Gott und mit ande­ren Menschen. 

(Ein aus­führ­li­ches Inter­view zum The­ma „Armut“ kön­nen Sie auch hier nachlesen.)

Was bedeutet „Gehorsam“?

Wenn ich mich Gott und auch mei­nen Nächs­ten zuwen­den möch­te, wenn ich wirk­lich offen sein will, dann darf es nicht immer um mich gehen. Das Gehor­sams­ge­lüb­de hilft, genau dies ein­zu­üben. Sich los­zu­las­sen, die eige­nen Vor­stel­lun­gen, um das, was sein müss­te, die eige­nen Urtei­le und Vor­ur­tei­le. Es geht dar­um, sich für den Wil­len Got­tes zu öff­nen, für die Bedürf­nis­se der Gemein­schaft, für die Mit­brü­der und alle Menschen.

Was bedeutet „Keuschheit“?

Wie beim Gehor­sam und der Besitz­lo­sig­keit soll Keusch­heit eine Hil­fe­stel­lung sein. Statt die star­ke Bezo­gen­heit auf eine ande­re Per­son, wie etwa in einer Part­ner­schaft, kann die Keusch­heit in eine grö­ße­re Wei­te füh­ren. Statt des Part­ners, der Part­ne­rin oder Kin­dern soll allein Gott im Mit­tel­punkt ste­hen. Aus der Bezie­hung zu Gott ist eine inten­si­ve und von Lie­be gepräg­te Bezie­hung zu ande­ren Men­schen mög­lich. Es geht also weni­ger um den Ver­zicht als um die Frei­heit, die eine grö­ße­re Offen­heit ermöglicht.

Gibt es in anderen Orden andere Gelübde?

Ja, in eini­gen Gemein­schaf­ten wer­den ande­re bzw. wei­te­re Gelüb­de abge­legt. Die Bene­dik­ti­ner etwa ver­spre­chen Bestän­dig­keit („sta­bi­li­tas loci“ – latei­nisch für „Bestän­dig­keit des Ortes“, also dass sie ihr Leben an einem Ort ver­brin­gen), klös­ter­li­chen Lebens­wan­del (wor­un­ter auch Keusch­heit und Besitz­lo­sig­keit fällt) und Gehor­sam. Der Jesui­ten-Orden hat den direk­ten Gehor­sam gegen­über dem Papst als vier­tes Gelübde.

Wer kontrolliert, ob die Gelübde eingehalten werden?

Die Gelüb­de sind kein Regel­werk, das uns Ordens­leu­ten „auf­ge­drückt“ wird, damit wir ein beson­ders oder gott­ge­fäl­li­ges Leben füh­ren. Bei den Gelüb­den geht es um Frei­heit. Sie sol­len ermög­li­chen, frei­er zu leben. Sie sol­len uns Brü­dern hel­fen, sich sel­ber los­zu­las­sen, offe­ner zu wer­den für Gott und den Mit­men­schen, um so eine neue, grö­ße­re und tie­fe­re Lebens­qua­li­tät zu erlan­gen. Denn Gott möch­te ins­be­son­de­re eines von uns: dass wir glück­lich sind. Des­we­gen bedarf es kei­ner „Gelüb­de-Poli­zei“ oder Ähn­li­chem. Wenn ich die Gelüb­de bre­che, betrü­ge ich mich in ers­ter Linie selber.

Es hilft zudem, die Gelüb­de nicht zu sehr als etwas Sta­ti­sches zu sehen. Son­dern sie beglei­ten einen Wachs­tums­pro­zess zu bzw. in Chris­tus. Immer wie­der kann es vor­kom­men, dass man, gera­de in Gedan­ken, die Gelüb­de bricht. Das alles ist erst ein­mal ganz nor­mal. Gott hat uns nicht per­fekt erschaf­fen, so dass wir alles aus uns selbst her­aus könn­ten. Aber immer wie­der, wenn so etwas geschieht, bedarf es der Kor­rek­tur, des Umkeh­rens zu Gott.

Was passiert, wenn die Gelübde Ignoriert werden?

Wenn es zu einem gra­vie­ren­den Ver­stoß gegen die Gelüb­de gekom­men ist, bedarf es der Abwä­gung und des Gesprächs. War­um ist dies pas­siert? Was bedeu­tet das für mich? Ist das Ordens­le­ben wirk­lich die pas­sen­de Lebens­form für mich? All dies sind Fra­gen, die es zu beant­wor­ten gilt. Schei­tern ist auch ein Teil unser Lebens­rea­li­tät, mit der man umge­hen muss. Hier bedarf es einer gro­ßen Ehr­lich­keit, auch gegen­über sich selbst. Am Ende eines sol­chen Klä­rungs­we­ges mit sich, und je nach Fall auch mit der Gemein­schaft, kann das Ergeb­nis auch ein Aus­tritt aus der Gemein­schaft sein, oder, in schwe­ren Fäl­len, der Aus­schluss des Bru­ders von Sei­ten des Ordens.

Kann man die ewigen Gelübde aufheben?

Ja, die ewi­gen Gelüb­de kön­nen auf­ge­ho­ben wer­den. In weni­gen Fäl­len kann es sogar zu einem Aus­schluss der Gemein­schaft kom­men, zum Bei­spiel wenn ein Bru­der aus der Kir­che aus­tre­ten wür­de. Der häu­fi­ge­re Fall ist, dass ein Ordens­mann oder eine Ordens­frau aus ihrem Orden aus­tre­ten möch­te. Wenn die­se Per­son schon die ewi­gen Gelüb­de abge­legt hast, bedarf es hier­für eines Dis­pens aus Rom. Natür­lich wird nie­mand fest­ge­hal­ten, und man kann auch vor der Ertei­lung des Dis­pens die Gemein­schaft ver­las­sen, man­che Din­ge aber, wie bei­spiels­wei­se eine kirch­li­che Hoch­zeit, sind erst mit der Dis­pens möglich.

Die Fra­gen beant­wor­te­te Br. Alex­an­der Schröter

Bis­her sind unse­re Kapu­zi­ner-FAQ zu den The­men „Juni­o­rat“, „Novi­zi­at“, „Pro­fess und Gelüb­de“, „Stun­den­ge­bet“ und „Kapi­tel“ erschie­nen. 

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