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FOTO: KAPUZINER/JACOBY

9. Febru­ar 2022

Gedanken von Br. Jinu zur Situation der Kirche

Wie umge­hen mit den Feh­lern der Kir­che? Br. Jinu Geor­ge aus Frank­furt am Main ver­weist in sei­ner Pre­digt auf Pau­lus und Petrus und sagt: Wir soll­ten die Net­ze neu aus­wer­fen und aus dem Gewohn­ten ausbrechen. 

Sün­de. Feh­ler. Schwä­che. Miss­stän­de. Das muss wirk­lich kei­ner haben. Dar­auf kann ich nicht stolz sein. Ich will sowas von mir fern­hal­ten. Und ich will natür­lich auch nicht, dass ande­re das haben. Wenn ich lie­be, die ande­ren, dann sol­len die makel­los sein. So wie ich es sein will.

Und ich tue mich schwer damit, wenn der ande­re dann doch Män­gel hat. Wie der sich benimmt. Wie der sich verhält.

Und … auf gar kei­nen Fall will ich so etwas bei der Kir­che sehen müs­sen. Kir­che soll ohne Makel sein. Makel­los. Rein. Weiß. Heilig.

Des­we­gen tun sich vie­le schwer, die Kir­che, wie sie sich jetzt zeigt, zu lie­ben. Miss­brauch. Ver­tu­schen. Lüge. #OutIn­Church. Und wenig Hoff­nung auf den Syn­oda­len Weg …

Selbst wenn ich Sün­der bin… Selbst wenn ich weiß, dass ich nicht makel­los leben kann … Trotz­dem stre­be ich danach… stre­be nach Per­fek­ti­on… nach einem hei­li­gen Leben. So hat man das frü­her ganz selbst­ver­ständ­lich gesagt. Und dann auf die Vor­bil­der gezeigt. Strah­len­de Hei­li­ge. Und eine strah­len­de Kir­che. Dom. Bischof. Gewän­der. Gold. Alles perfekt.

Da taucht dann aber ein Pro­blem auf. Denn auch die Hei­li­gen waren nicht per­fekt. Der Hei­li­ge Fran­zis­kus hat sich nie mehr mit sei­nem Vater versöhnt.
Das macht ihn sym­pa­thisch. Aber wenn die hei­li­ge Kir­che nicht per­fekt ist. Was dann? Sie wird damit auf jeden Fall nicht sofort sympathischer.

Vor die­sem Hin­ter­grund höre ich die Bot­schaft aus der Bibel heu­te. Die bei­den Säu­len der Kir­che. Petrus und Pau­lus. Ich bin der gerings­te. Ich bin nicht wert. So sagt es Pau­lus. Und Petrus: Ich bin ein Sünder.

O je. Die gro­ßen Hei­li­ge. Die Säu­len. Und dann: Ich bin ein Niemand.

Von wegen: Per­fek­tio­nis­mus. Makel­lo­sig­keit. Strah­len­de wei­ße Sou­ta­nen. Wie die bei­den sie hier an unse­ren Säu­len in der Kir­che tra­gen. Mit Gold verziert.

Petrus. Er erlebt den uner­war­tet rei­chen Fisch­fang. Ein Wun­der. Er weiß, er hat das nicht ver­dient. Er sagt: Geh weg von mir, Herr. Ich bin ein sün­di­ger Mensch. Und dann? Jesus geht nicht weg. Denn Jesus weiß es bes­ser: Du bist ein von mir beru­fe­ner Mensch! Das steht vor­ne. Nicht: Ich bin ein sün­di­ger Mensch. Jesus ver­kün­det dem Petrus – und auch mir: Mei­ne Beru­fung an dich. Das soll in dir wir­ken. Nicht dei­ne Sün­de in dir.

Er for­dert ihn auf, ihm nach­zu­fol­gen. Sein Freund zu sein. Sei­ne Bot­schaft zu ver­kün­den. Auf die­sen Fel­sen will er sei­ne Kir­che bau­en. Einen Fel­sen, fest wie die Beru­fung, die Jesus gibt. Und die auch nicht durch Sün­de weich wer­den kann.

Jetzt Pau­lus. Er hat meh­re­re unse­rer ers­ten Mit­chris­ten getö­tet. Er war dabei, als der Ste­pha­nus gestei­nigt wur­de. Er hat viel Ter­ror ver­brei­tet. Und der ist gewählt. Gewählt von Gott, sein Evan­ge­li­um zu ver­kün­den. Und auch hier, wie bei Petrus: Die Wahl Got­tes ist das Star­ke. Und die­se Wahl ist allein das, was den Pau­lus stark macht. Und durch die Sün­de nicht geschwächt wer­den kann.

Die Kir­che gibt nach außen den Ein­druck, dass sie kei­ne Feh­ler macht. Das ist fatal. Sie hat lan­ge an einem „Makel­lo­sen Image“ gear­bei­tet. Und wer Feh­ler benannt hat, wur­de zum Schwei­gen gebracht. Man­cher weiß: Wenn eine Frau unver­hei­ra­tet schwan­ger wur­de – sie wur­de ver­sto­ßen. Wenn ein jun­ger Mann einen ande­ren jun­gen Mann liebt: Das durf­te nicht sein. Wenn einer nach einer Schei­dung wie­der hei­ra­tet: Der passt auch nichts ins makel­lo­se Bild.

Dar­um schaue ich heu­te mit Ihnen auf Petrus. Jesus hat die Kir­che gebaut auf den, der Unvoll­kom­men ist. Denn nicht die Voll­kom­men­heit macht stark. Sie grenzt eher aus. Son­dern die Lie­be und die Zunei­gung Got­tes zum Men­schen. Das macht stark, Denn Schwä­chen und Feh­ler, die kom­men über­all vor. Die Ener­gie, sie zu ver­ste­cken, soll­ten wir bes­ser für ein offe­nes Mit­ein­an­der nutzen.

Ich schaue auf Pau­lus. Der größ­te Ver­kün­der des Evan­ge­li­ums hat kei­nen lücken­lo­sen Lebens­lauf. Auch er wur­de nicht erwählt, weil er mensch­lich voll­kom­men ist. Son­dern in sei­ner Unvoll­kom­men­heit woll­te Gott sich offenbaren.

Was für Petrus und Pau­lus gilt, gilt auch für die Kir­che als Gan­ze. Sie ist nicht die per­fek­te Gemein­schaft der Gläu­bi­gen, die kei­ne Feh­ler machen. Sie ist nicht im Besitz einer per­fek­ten Leh­re, an der die gan­ze Welt gene­sen soll. Sie trägt in sich nicht ein Gesetz. Son­dern den leben­di­gen auf­er­stan­de­nen Herrn.

Dar­um muss die Kir­che sich immer fra­gen: Trau­en wir der Macht Jesu mehr zu als unse­rer Ängst­lich­keit, mit der wir per­fekt sein wol­len? Die Erneue­rung muss Maß­neh­men am Bei­spiel und an den Wor­ten Jesu. In jeder Epo­che muss die Kir­che das neu tun. Als eini­ge Mis­sio­na­re das Was­ser der heid­ni­schen Reli­gi­on genom­men haben und dar­aus unser Weih­was­ser gemacht: Da war der Pro­test bei den ganz From­men sehr groß. Um nur ein Bei­spiel zu nennen.

Die Kir­che muss in allen Zeit­al­tern um den ihr anver­trau­ten Weg neu rin­gen. Jede For­mu­lie­rung ihrer Grund­sät­ze und Wahr­hei­ten ist nur vor­läu­fig und muss stän­dig neu durch­dacht und errun­gen wer­den. Das geschieht aber nicht ohne Hilfe.

Sehen wir noch­mal auf Petrus. Er steht vor dem „du“ Jesu. In die­ser Begeg­nung erfährt er, wer er ist. Stark nicht aus sich – denn da ist Sün­de. Aber stark aus dem Ruf an ihn, den Sün­der. Petrus hat die­se Erfah­rung vor Jesus gemacht. Vor Jesus, vor sei­nem mensch­li­chen Du und dem grö­ße­ren Du des Gött­li­chen Geheim­nis­ses. Da sah Petrus sich selbst ganz klar. Er. Ein Sün­der. Es war für Petrus eine Begeg­nung mit der Wirk­lich­keit. Als erfah­re­ner Fischer. Er dach­te, er kennt alles über die­sen See. Aber. Einen Tag. Einen Moment in der Geschich­te… Das ist das ganz anders gelaufen.

Dar­um wird mir hier und heu­te klar: Die gan­ze Nacht haben wir gear­bei­tet. Ja, Jesus, 2000 Jah­re haben wir das so gemacht. Wir haben lan­ge, und manch­mal viel zu lan­ge, etwas so gemacht wie immer. Aber was damals funk­tio­nier­te, kann heu­te sinn­los sein.

Dar­um brau­chen wir dei­ne Auf­for­de­rung: Brich aus dem Gewohn­ten aus.

Wirf dei­ne Net­ze neu aus. Fahr wei­ter hin­aus als dei­ne Angst dir erlaubt, aber mein Ruf an dich dir ermög­licht. Ein neu­es Aus­wer­fen der Net­ze… ein Stück weit vom siche­ren Land. In die Tiefe.

Herr, komm vor­bei. Zeig uns, wo wir unse­re Net­ze aus­wer­fen sol­len. Amen.

 

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