Interview
Norbert Schlenker

Foto: Kapuziner/Hoàng Lê

BR. Norbert Schlenker

wur­de 1954 in Karls­ru­he gebo­ren. Er ist seit 1973 Kapu­zi­ner und seit 1980 Pries­ter. Zur­zeit lei­tet er den Kapu­zi­ner-Kon­vent in Altötting. 

28. Febru­ar 2021

„Sich nicht gegen den Wandel wehren“

Angst vor Ver­än­de­rung? Oder birgt Wan­del ech­te Chan­cen? Ein Gespräch über Viel­falt und Kom­mu­ni­ka­ti­on, die Wand­lungs­fä­hig­keit von Kir­che und Orden sowie einen Neu­be­ginn. Mit dem Kapu­zi­ner Br. Nor­bert Schlenker.

Bru­der Nor­bert, ist heu­te mehr Wan­del als früher?

Es gab schon immer Ver­än­de­run­gen. Aber natür­lich leben wir heu­te in einer schnell­le­bi­gen Zeit, was die Gesell­schaft, die Kir­che und das Zwi­schen­mensch­li­che betrifft.

Ist das gut oder ist das schlecht?

Es hilft auf jeden Fall, beweg­lich zu blei­ben. Und das ist für mich sehr wich­tig als Mensch, nicht nur in Glau­bens­din­gen. Wenn Men­schen fest­ge­fah­ren und unbe­weg­lich sind, dann wird es schnell lang­wei­lig. Das Leben lebt von Span­nung. Aber natür­lich gibt es auch eine Über­for­de­rung durch den schnel­len Wandel.

Einen dras­ti­schen Wan­del in sei­nem Leben hat Franz von Assi­si voll­zo­gen. Ist er dar­in ein Vor­bild für Sie?

Auf jeden Fall. Er ist immer auf der Suche geblie­ben und hat allem Fest­ge­fah­re­nen immer eine Absa­ge erteilt. Franz von Assi­si hat es geschafft, bei Über­for­de­rung Auf­ga­ben abzu­ge­ben. Er ist immer wie­der neue Wege gegan­gen, hat sich mit ande­ren Reli­gio­nen und Kul­tu­ren beschäf­tigt. Die­se Auf­brü­che hat er aus dem Evan­ge­li­um abgeleitet.

Was bedeu­tet das ganz kon­kret für Sie?

Dass auch ich mich immer auf die Suche nach Neu­em machen möchte.

Sehen Sie die­se Suche auch in der Kirche?

Ich wür­de es so for­mu­lie­ren: Der Wil­le zu Ver­än­de­run­gen und zu neu­en Wegen war vor fünf­zig Jah­ren sicher stär­ker als heu­te. Da sehe ich noch viel Luft nach oben.

Ver­än­de­rung beginnt da, wo jeder sich selbst verändert“

Wie kann die Kir­che beweg­lich bleiben?

In der Kir­che befas­sen wir uns viel zu viel mit Struk­tu­ren, Pro­zes­sen und For­ma­li­tä­ten. So kom­men wir nicht wei­ter. Wan­del in der Kir­che muss ein geis­ti­ger Pro­zess sein. Ver­än­de­rung beginnt da, wo jeder sich selbst ver­än­dert und am Evan­ge­li­um orientiert.

Was heißt das konkret?

Ich wün­sche mir Viel­falt. Ich wün­sche mir Men­schen, die mit­ein­an­der im Gespräch sind. Ich kann mir auch vor­stel­len, dass Wan­del durch klei­ne­re, etwas homo­ge­ne­re Zel­len geschieht. So wie bei uns im Orden. Hier sehe ich viel grö­ße­re Chan­cen für eine Erneuerung.

Sie sind seit 46 Jah­ren Kapu­zi­ner. Wie hat sich der Orden gewan­delt in die­ser Zeit?

Ich habe zum Start einen gro­ßen Reform­wil­len erlebt. Und auch heu­te erle­be ich die Bereit­schaft, unse­re Art der Kom­mu­ni­ka­ti­on, der Lit­ur­gie und des Mit­ein­an­ders zu über­den­ken und zu ver­än­dern. Ich bin zufrie­den mit der Wand­lungs­fä­hig­keit der Kapu­zi­ner und habe das Gefühl, dass wir gemein­sam und offen auf dem Weg sind.

Was wird für den Orden aus Ihrer Sicht die größ­te Ver­än­de­rung in den nächs­ten Jahren?

Wir kön­nen als Kapu­zi­ner nur die Din­ge tun, für die wir auch die pas­sen­den Brü­der haben. Das bedeu­tet in Kon­se­quenz, dass wir uns von man­chem ver­ab­schie­den müssen.

Sie haben ein beweg­tes Leben als Ordens­mann hin­ter sich, und haben oft den Ort und das Tätig­keits­feld gewech­selt. Das Kapu­zinerle­ben ist auf Wan­del aus­ge­rich­tet. Waren das schwie­ri­ge Pha­sen in Ihrem Leben?

Ich sehe eigent­lich gar nicht so vie­le Brü­che in mei­nem Ordens­le­ben. Natür­lich habe ich viel gemacht und war an unter­schied­li­chen Orten in viel­fäl­ti­ger Posi­ti­on tätig. Die größ­te Ver­än­de­rung war sicher der Umzug aus Frank­furt am Main ins beschau­lich-ober­baye­ri­sche Alt­öt­ting und damit die Lei­tung des zweit­größ­ten Kon­ven­tes in der Pro­vinz. Das war ein Kul­tur­schock, aber eher heil­sam für mich, denn ich bin kein Groß­stadt­mensch (lacht).

Sie hat­ten als Kapu­zi­ner vie­le Lei­tungs­po­si­tio­nen inne und muss­ten mit Wider­stän­den gegen Ver­än­de­run­gen umge­hen. Woher rührt die­se Skep­sis dem Wan­del gegen­über? Und wie sol­len Füh­rungs­kräf­te damit umgehen?

Der Wider­stand kommt von einer Fest­ge­fah­ren­heit und Unbe­weg­lich­keit, die nicht unbe­dingt etwas mit dem Alter zu tun hat. Nicht jeder mag Ver­än­de­run­gen. Das wich­tigs­te ist aus mei­ner Erfah­rung das per­sön­li­che Gespräch mit den Betrof­fe­nen. Nur so kann Akzep­tanz für Wan­del entstehen.

In Alt­öt­ting haben Sie als Lei­ter eines Kon­ven­tes die Schlie­ßung und Auf­ga­be eines Klos­ters beglei­ten und mana­gen müssen.

Es geht, auch in der Kom­mu­ni­ka­ti­on nach Innen und Außen, um einen rea­lis­ti­schen Blick auf die Din­ge. Es gab kei­ne sinn­vol­le Alter­na­ti­ve zu die­ser Ent­schei­dung, und so habe ich die­se auch vertreten.

Die­ser Auf­bruch wird Sie Ende des Jah­res an einen ande­ren Ort führen.

Nach acht Jah­ren ist ein Ein­schnitt sinn­voll. Es ist mein Wunsch, mich noch­mal zu ver­än­dern. Erst­mal neh­me ich mir eine Aus­zeit und dann gibt es wie­der eine span­nen­de Auf­ga­be für mich – in Wer­ne. Ich freue mich auf den Neubeginn.

Zum Abschluss: Sie sind in Ihrem Leben als Kapu­zi­ner beweg­lich geblie­ben. Wie gelingt das, was ist Ihr Tipp?

Ich blei­be beweg­lich, wenn ich mich wirk­lich und mit vol­ler Kon­se­quenz auf mei­ne Mit­men­schen und mei­ne Auf­ga­ben ein­las­se. Es hilft unge­mein, sich nicht gegen den Wan­del zu weh­ren. Freun­den Sie sich mit der Ver­än­de­rung an und stel­len Sie die posi­ti­ven Sei­ten und die Chan­cen in den Vor­der­grund! Das hilft ungemein.

Bru­der Nor­bert, vie­len Dank für das Gespräch!

Das Inter­view führ­te Tobi­as Rauser

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