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FOTO: KAPUZINER/KIÊN HÓANG LÉ

BR. Andreas Waltermann

wur­de 1957 in Müns­ter gebo­ren. Er trat 1978 in den Kapu­zi­ner­or­den ein und wur­de 1985 zum Pries­ter geweiht. Er lebt seit vie­len Jah­ren in Albanien. 

12. August 2021

Bericht aus Albanien: „So kann man nicht wohnen“

Kir­che ist oft der ein­zi­ge Hoff­nungs­trä­ger: Die Kapu­zi­ner unter­stüt­zen Haus­bau­pro­jek­te für arme Fami­li­en in den Ber­gen Alba­ni­ens. Ein Bericht von Bru­der Andre­as Wal­ter­mann, der als Mis­sio­nar in Fus­hë-Arrëz lebt. 

Nah­rung und Klei­dung haben, eine Arbeit, mit der ich den Lebens­un­ter­halt für mich und mei­ne Fami­lie sichern kann, ein Dach über dem Kopf: Das sind ele­men­ta­re Bedürf­nis­se und not­wen­di­ge Din­ge des Lebens.

Hun­ger und Armut, Arbeits­lo­sig­keit und Per­spek­tiv­lo­sig­keit sind Übel, die es zu über­win­den gilt. Da ist die Poli­tik, aber auch die Soli­da­ri­tät der Men­schen gefragt, gute Lösun­gen zu suchen und anzu­bie­ten. Wenn noch dazu die Wohn­mög­lich­kei­ten so schlecht sind, dass man kaum in Sicher­heit leben kann, dann wird es dop­pelt schlimm.

Vie­le die­ser Pro­ble­me gibt es auch in Alba­ni­en, beson­ders in den ent­le­ge­nen Berg­re­gio­nen. Das Gebiet um Fus­hë-Arrëz ist sehr davon betrof­fen. Es ist geprägt von hoher Arbeits­lo­sig­keit, von gro­ßer Armut und dem Feh­len von Zukunfts­per­spek­ti­ven. Vie­le Fami­li­en und jun­ge Men­schen ver­las­sen unser Gebiet. Es gibt nichts, was sie hält, so scheint es.

Die Fol­gen sind viel­fäl­tig: eine Ver­schlech­te­rung der Gemein­schafts­kul­tur in den Dör­fern und der Infra­struk­tur, der Wege, der Ver­sor­gung mit Trink­was­ser und elek­tri­schem Strom, die Schlie­ßung der Dorf­schu­len und der Einkaufsmöglichkeiten.

Wer bleibt, das sind oft die Alten, die Kran­ken und Schwa­chen. Es sind die Fami­li­en mit vie­len Kin­dern oder behin­der­ten Ange­hö­ri­gen. Ein­fach die, die sich den Weg­zug aus finan­zi­el­len und fami­liä­ren Grün­den nicht leis­ten kön­nen. Die Pen­sio­nen und die Hil­fen für Behin­der­te sind sehr nied­rig und die staat­li­che Sozi­al­hil­fe ist sehr gering: zum Leben zu wenig, zum Ster­ben zu viel. 

Die Ver­spre­chun­gen der Poli­ti­ker vor den Wah­len ver­hal­len und lösen sich meis­tens in Luft auf. Inves­ti­tio­nen von Sei­ten des Staa­tes gibt es in unse­rer Regi­on kaum, schon gar nicht für die Repa­ra­tur von Häu­sern oder Dächern armer Fami­li­en. Das ist Pri­vat­sa­che. Es kam vor, dass eine Fami­lie, die beim Brand ihres Hau­ses alles ver­lo­ren hat, von Sei­ten der Kom­mu­ne mit einem lächer­li­chen Geld­be­trag von umge­rech­net 300 Euro abge­speist wur­de. Manch­mal wur­de sehr pres­se­wirk­sam und voll­mun­dig die Unter­stüt­zung der betrof­fe­nen Fami­li­en durch den Kreis, die Stadt oder die Kom­mu­ne zuge­sagt. Und dann geschah: nichts.

Die Men­schen wen­den sich an uns Kapu­zi­ner in ihrer Not. Weil sie wis­sen, dass wir als Kir­che nicht ein­fach an den Pro­ble­men vor­bei­ge­hen. Die Kir­che ist für vie­le der ein­zi­ge Hoffnungsträger.

In der Tat: Bei unse­ren Haus­be­su­chen in den Dör­fern habe ich schon man­ches Mal die Hän­de über dem Kopf zusam­men­ge­schla­gen, wenn ich gese­hen habe, unter welch schlech­ten Bedin­gun­gen die Men­schen leben müs­sen. Zum Bei­spiel sechs Per­so­nen, die Eltern und vier klei­ne Kin­der in nur einem ein­zi­gen, klei­nen Raum. Oder eine bett­lä­ge­ri­ge, behin­der­te Frau im Ober­ge­schoß eines Hau­ses unter einer Plas­tik­pla­ne. Ich sehe Dächer, die total undicht sind oder ein­zu­stür­zen dro­hen, schwe­re Ris­se in den Wän­den, über­all Näs­se, Feuch­tig­keit und Schim­mel, völ­lig ver­faul­te Fuß­bö­den, mor­sche Fens­ter und vie­les mehr. So kann man nicht wohnen.

Wer den­noch so woh­nen muss, ver­liert sei­ne mensch­li­che Wür­de. Er ver­zwei­felt an sei­ner Situa­ti­on, vege­tiert nur noch oder zer­bricht psy­chisch an die­sen Umstän­den. Die befrei­en­de Bot­schaft unse­res Glau­bens wird ihn nicht mehr oder nur schwer erreichen.

Ich habe in Deutsch­land acht Jah­re mit woh­nungs­lo­sen Men­schen gear­bei­tet und weiß, was es bedeu­tet, kei­ne Woh­nung zu haben oder unter men­schen­un­wür­di­gen Wohn­ver­hält­nis­sen zu leben. Direk­te Woh­nungs­lo­sig­keit gibt es in Alba­ni­en sehr sel­ten, pre­kä­re Wohn­ver­hält­nis­se dafür umso häufiger.

Anfra­gen an uns gibt es vie­le. Wir wäh­len nach bestimm­ten Kri­te­ri­en aus. Prio­ri­tät haben Fami­li­en mit klei­nen Kin­dern, Fami­li­en mit alten Leu­ten, Fami­li­en mit behin­der­ten Ange­hö­ri­gen, allein­ge­blie­be­ne älte­re Ehe­paa­re oder Allein­ste­hen­de und natür­lich Fami­li­en nach Kata­stro­phen wie Brän­den oder Erdrutschen.

War­um? Weil „Woh­nen“ ein Men­schen­recht ist. Woh­nen bedeu­tet Hei­mat und Sicher­heit, ange­nom­men und geliebt zu sein. Dar­um repa­rie­ren wir Dächer, dar­um set­zen wir Häu­ser instand, dar­um bau­en wir gele­gent­lich auch neue Häu­ser für arme Fami­li­en. Dabei unter­schei­den wir nicht, wel­chen Glau­ben die Men­schen haben. Armut ist nicht katho­lisch und nicht muslimisch.

Piet van Bre­men hat ein­mal fol­gen­de Wor­te geprägt: „Lie­be heißt, dem ande­ren eine Woh­nung zu berei­ten“. Dass wir hel­fen kön­nen, ist nur mög­lich, weil uns sehr vie­le Men­schen aus Deutsch­land und Öster­reich mit ihren Spen­den unter­stüt­zen. Dafür möch­te ich allen „DAN­KE!“ sagen.

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