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FOTO: KAPU­ZI­NER

BR. SIXTUS UND BR. MARINUS PARZINGER

bei einem Besuch in Chi­le in Vil­lar­ri­ca im Jahr 2007

27. Febru­ar 2023

Bischof em. Sixtus Parzinger: Erinnerungen von Br. Marinus Parzinger

Bischof em. Six­tus Par­zin­ger starb am 25. Febru­ar 2023 im Kran­ken­haus in Lan­co in Chi­le. Ein Nach­ruf und per­sön­li­che Erin­ne­run­gen von Br. Mari­nus Par­zin­ger, Nef­fe des Bischofs aus Chile.

Für mich als Kind war er ein sehr inter­es­san­ter Onkel, denn er kam sel­ten und von weit her, näm­lich aus Chi­le, wo er seit 1965 als Mis­sio­nar leb­te und wirk­te. Er konn­te span­nend erzäh­len. Häu­fig sag­te er „si, si“, wenn er im Gespräch auf ande­re reagier­te. Unver­kenn­bar hat­te er sei­ne zwei­te Hei­mat längst in Chi­le gefunden.

Wäh­rend des Hei­mat­ur­laubs besuch­te er meist zusam­men mit sei­nem Bru­der, Pfar­rer Anton Par­zin­ger (mit dem er am 29. Juni 1960 im Dom zu Frei­sing zum Pries­ter geweiht wur­de), einer­seits Ver­wand­te, aber auch Mis­si­ons­freun­de, die die Arbeit der Kapu­zi­ner in der Arau­ka­nie in Chi­le unter­stüt­zen. Bei sei­nen Besu­chen kam er auch in mei­ne Heimatgemeinde.

Er war mir nahe, weil wir den glei­chen Tauf­na­men Josef haben. Als Schü­ler wur­de ich gele­gent­lich mit mei­nen Onkels ver­gli­chen, was mir nicht ange­nehm war. Die äuße­re Ähn­lich­keit war nicht zu leug­nen, so dass ich als typi­sches Par­zin­ger-Gesicht ein­ge­ord­net wur­de. Rück­bli­ckend gibt es eini­ges, was mich mit ihm ver­bin­det und dank­bar sein lässt.

Six­tus Par­zin­ger wur­de am 21. Dezem­ber 1931 in St. Johann in Tirol gebo­ren. Sei­ne Eltern zogen wei­ter an den Wagin­ger See (Mühl­berg) und schließ­lich nach Salz­burg­ho­fen bei Frei­las­sing. Mein Opa und spä­ter mein Vater bewirt­schaf­te­ten den Pfarr­hof, also die Land­wirt­schaft, die zur Pfar­rei gehör­te. Dort bin ich geboren.

Als mein Inter­es­se für den hei­li­gen Fran­zis­kus erwach­te, las ich auch über die Arbeit der baye­ri­schen Kapu­zi­ner in Chi­le. Als ich mich für die Kapu­zi­ner ent­schied, kom­men­tier­te mein Onkel, dass Beru­fung ein­fach in der Fami­lie läge. Dass ich Kapu­zi­ner gewor­den bin, dar­an hat mein Onkel sicher­lich einen Verdienst.

Als Jugend­li­cher noch unent­schlos­sen über die spä­te­re Berufs­wahl hat Six­tus mei­nen Bru­der und mich bei einem Besuch sehr direkt ange­spro­chen: Wann kommst Du? Mei­ne Mut­ter mein­te, dass Deutsch­land auch Mis­si­ons­land sei, und ich nicht nach Chi­le gehen müss­te. Die­se Fra­ge mei­nes Onkels hat mich beschäftigt.

Spä­ter erzähl­te mir ein Minis­trant, wie er Six­tus bei sei­nen Sam­mel­rei­sen erleb­te. Er pre­dig­te mit­un­ter lang, direkt und über­zeu­gend: Ich brau­che nicht nur euer Geld. Ich brau­che euer Gebet und auch Beru­fun­gen. Er ist für sei­ne Über­zeu­gun­gen enga­giert ein­ge­tre­ten und hat dafür geworben.

1978 im Drei­päps­te­jahr wur­de er als Nach­fol­ger von Bischof Wil­helm Hartl als apos­to­li­scher Vikar in der Arau­ka­nie bestellt. Am 5. März 1978 emp­fing er in der Kathe­dra­le von Vil­lar­ri­ca die Bischofs­wei­he, 25 Jah­re spä­ter konn­te er sein Jubi­lä­um in Alt­öt­ting St. Anna fei­ern. Gesell­schaft­lich wie kirch­lich durch­leb­te Chi­le tur­bu­len­te Zei­ten. Mein Onkel durf­te erle­ben, dass die Mis­si­ons­ar­beit der Kapu­zi­ner ans Ziel kam, als das Apos­to­li­sche Vika­ri­at zur Diö­ze­se Vil­lar­ri­ca (2001) erho­ben wurde.

Wäh­rend ich das Abitur in der Spät­be­ru­fe­nen­schu­le St. Josef in Focken­feld bei Kon­ners­reuth nach­hol­te, hat er mich ein­mal besucht. Es gab eine Art Wett­be­werb, weil der Onkel eines Mit­schü­lers, der Fran­zis­ka­ner­bi­schof in Boli­vi­en Edu­ar­do Bösl, eben­falls ein­mal unse­re Schu­le besucht hatte.

Wäh­rend mei­nes Novi­zia­tes 1987 bis 88 in Lau­fen starb P. Wil­li­bald Strobl, der ein­mal das Spät­be­ru­fe­nen­se­mi­nar der Kapu­zi­ner in Dil­lin­gen gelei­tet hat. Six­tus war einer sei­ner Schü­ler und 1988 gera­de in Deutsch­land, und so stand er dem Requi­em vor.

Am 11. Juni 1994 hat Bischof Six­tus mich in der Basi­li­ka St. Anna in Alt­öt­ting zum Pries­ter geweiht. Eine Woche spä­ter war er auch bei der Pri­miz in der Hei­mat dabei.

Da ich einen Bischof als Onkel hat­te und ihn als nor­ma­len Men­schen erle­ben durf­te, ist für mich ein Bischof kein unnah­ba­rer Mensch. Drei Mal durf­te ich nach Chi­le rei­sen, zwei Mal war der Anlass ein Jubi­lä­um. Dabei konn­te ich viel erle­ben von dem, was ich zuvor nur aus Büchern kann­te. Ich sah, wie man ohne Ter­min im Bischofs­haus vor­bei­kom­men kann, um mit dem Bischof zu spre­chen. Die Fei­ern in der Vor­be­rei­tung auf die Jahr­tau­send­wen­de zeig­ten ihn mit­ten unter den Menschen.

Wenn wir aktu­el­le kirch­li­che Her­aus­for­de­run­gen anspra­chen, war sei­ne Sicht, dass man gut hin­schau­en und die Ent­wick­lung abwar­ten sol­le: an den Früch­ten wer­det ihr sie erkennen.

Am 21. Dezem­ber 2006 wur­de Bischof Six­tus 75 Jah­re alt und muss­te in Rom das Rück­tritts­ge­such ein­rei­chen. Das tat er 2007. Er muss­te noch ein paar Jah­re war­ten, bis die­ses ange­nom­men wur­de. 2009 ging er in den ver­dien­ten Ruhe­stand. Er mach­te sei­nem Nach­fol­ger Platz und zog sich nach San Jose de la Mare­qui­na zurück. Dort besuch­te ich ihn im Janu­ar 2020. Wir fuh­ren an die Küs­te bei Mehuin. Wie er von den Men­schen sprach, mach­te mir wie­der deut­lich, dass er hier sein Zuhau­se gefun­den hat. Freun­de unter­stütz­ten ihn, nah­men ihn mit, weil er sel­ber nicht mehr mit dem Auto fuhr. Am Abend hielt er die Vor­abend­mes­se in der Pfar­rei San­ta Cruz. Etli­che Fami­li­en mit Kin­dern waren da. Nach der Eucha­ris­tie­fei­er fand noch eine Tau­fe statt. Ich staun­te über sei­ne Ausdauer.

Mit Coro­na gab es für älte­re Men­schen deut­li­che Ein­schrän­kun­gen. Six­tus sie­del­te um und leb­te bei den Schwes­tern in Purulón.

Die Arbeit eines Mis­sio­nars und Mis­si­ons­bi­schofs ist viel­fäl­tig. Der Ver­wal­tungs­ap­pa­rat ist über­schau­bar. Die Nähe zu den Men­schen aus­schlag­ge­bend. In Gesprä­chen sprach er durch­aus von der Kri­se des Glau­bens und einem Weg der Erneue­rung, der nicht mög­lich ist ohne Gebet.

Gesund­heit­lich hat­te er eini­ge Kri­sen zu bestehen: Nie­ren­ver­sa­gen, Herz­pro­ble­me. Vie­len, die für ihn gebe­tet haben, galt sei­ne Gesun­dung vor Jah­ren als Wunder.

Gemäß sei­nem Wahl­spruch „ad aedi­fi­ca­tio­nem fidei“ – „zur Auf­er­bau­ung des Glau­bens“ – ging es ihm dar­um, Men­schen im Glau­ben zu stär­ken. Er bewahr­te sich Gott­ver­trau­en und Gelas­sen­heit, er han­del­te in Zuver­sicht und Hoffnung. 

Text: Br. Mari­nus Parzinger

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