Interview

FOTO: KAPUZINER/LEMRICH

BR. TOBIAS LINK

wur­de 1941 in Lau­den­bach bei Bad Mer­gen­theim gebo­ren. 1964 trat er ins Novi­zi­at der Kapu­zi­ner in Stüh­lin­gen ein, 1970 wur­de er zum Pries­ter geweiht. Seit 2016 lebt der Ordens­mann im Kapu­zi­ner­klos­ter in Werne. 

28. März 2023

Interview mit Br. Tobias: „Ich wusste nur: Gott ruft mich!“

Br. Tobi­as Link lebt im Kapu­zi­ner­klos­ter in Wer­ne und ist seit fast 60 Jah­ren Kapu­zi­ner. Wie er mit Ver­än­de­run­gen umgeht und wie er sei­ne Beru­fung gefun­den hat, erzählt der 82-jäh­ri­ge im Inter­view auf kapuziner.de.

Br. Tobi­as, das Leben eines Kapu­zi­ners besteht aus ste­ti­gem Wan­del. An wie vie­len Orten haben Sie schon gelebt?

Ich glau­be, es waren zehn Orte, seit ich 1964 in den Orden ein­ge­tre­ten bin. Ich bin sehr viel zwi­schen den Orten gewan­dert. Von Kre­feld, Müns­ter, Bad Säckin­gen, Deggin­gen, Müns­ter, über Ober­hau­sen, Stüh­lin­gen, Mer­gen­theim und Wer­ne. Hier in Wer­ne lebe ich nun seit sechs Jahren.

Haben Sie über­all an die­sen Orten Hei­mat gefunden?

Ja, das ist so. Ich neh­me ja mich mit, und das ist über­haupt das Wich­tigs­te, damit man sich hei­misch fühlt. Und mei­ne Tätig­kei­ten an die­sen Orten waren auch eine bestän­di­ge Grö­ße, ich habe oft und sehr ger­ne in Kran­ken­häu­sern gear­bei­tet. Natür­lich ändert sich mit jedem Ort die Umge­bung. Ich stam­me aus dem schö­nen Tau­ber­tal, da ist es sehr hüge­lig, hier in Wer­ne ist alles flach. Aber das ist nur das Äuße­re: Die Men­schen hier sind sehr ange­nehm und gra­de Wer­ne ist ein ech­tes High­light in der Bezie­hung zu den Leu­ten hier vor Ort. Die Bevöl­ke­rung steht zum Klos­ter, arbei­tet und hilft mit. Der Freun­des­kreis und die Kol­pings­fa­mi­lie sind eine bestän­di­ge Größe.

Ich bin ein­fach im Ver­trau­en in den Orden ein­ge­tre­ten, dass das schon das Rich­ti­ge für mich ist. Im Novi­zi­at zeig­te sich dann: Heu­re­ka, ich habs gefun­den, das, was ich suche!

Was ver­bin­det die Orte, an denen Kapu­zi­ner leben?

Letzt­lich ist unse­re Hei­mat als Kapu­zi­ner im Him­mel. Des­we­gen ist alles, was wir hier an Hei­mat haben, rela­tiv. Mei­ne Hei­mat im Klos­ter ist das Gebet. Ich lie­be das täg­li­che Stun­den­ge­bet sehr, auch die täg­li­che Mes­se. Kon­kret hier in Wer­ne haben wir unter den Brü­dern ein gutes Ver­hält­nis untereinander.

Wie defi­nie­ren Sie Heimat?

Für mich bedeu­tet Hei­mat, ver­stan­den zu wer­den. Und das war in der Tat an den Orten, an denen ich gelebt habe, sehr unter­schied­lich gege­ben. Ein beson­de­rer und guter Ort war hier Stüh­lin­gen, unser Klos­ter zum Mit­le­ben. Hier konn­ten wir Men­schen bei uns Hei­mat geben, und auch ich habe mich dort sehr wohl gefühlt.

Es liegt ja durch­aus in der der „fran­zis­ka­ni­schen DNA“, nach ein paar Jah­ren als Ordens­mann wei­ter­zu­zie­hen. War Ihnen das bei Ihrem Ein­tritt vor knapp 60 Jah­ren klar? 

Nein, wenn ich ehr­lich bin. Ich hat­te kei­ner­lei Erfah­run­gen mit den Kapu­zi­nern und bin ein­fach im Ver­trau­en ein­ge­tre­ten, dass das schon das Rich­ti­ge für mich ist. Ich wuss­te nur: Gott ruft mich. Im Novi­zi­at zeig­te sich dann: Heu­re­ka, ich habs gefun­den, das, was ich suche!

Wie war das denn, als Gott Sie geru­fen hat?

Ich war nach mei­nem Schul­ab­schluss auf der Suche nach einer Gemein­schaft. Ich traf die Sale­sia­ner in Eich­stätt und die­se haben einen guten Ein­druck gemacht. Ich wohn­te eini­ge Zeit bei ihnen, traf aber dann auf die Kapu­zi­ner, deren Lebens­wei­se mich noch mehr ange­spro­chen hat.

Wie haben Sie Franz von Assi­si kennengelernt?

Mei­ne Mut­ter war in der fran­zis­ka­ni­schen Gemein­schaft, im soge­nann­ten drit­ten Orden. Und sie hieß auch Kla­ra, aber das habe ich alles gar nicht so wahr­ge­nom­men. Unter­schwel­lig war die Bezie­hung da, aber viel hat sich erst mit dem Ordens­ein­tritt ent­wi­ckelt. Mein Vater war auch gar nicht begeis­tert, dass ich ins Klos­ter gehen woll­te. Ich bin sehr froh über mei­nen Weg. 1970 wur­de ich in mei­ner Hei­mat Lau­den­bach bei Bad Mer­gen­theim zum Pries­ter geweiht und habe nun auch schon mein 50-jäh­ri­ges Pries­ter­ju­bi­lä­um in mei­ner Hei­mat  in Lau­den­bach mit der Gemein­de gefeiert.

War­um sind Sie Kapu­zi­ner geblieben? 

Mir geht es um Treue. Es gibt immer ande­re Optio­nen, etwa die Grün­dung einer Fami­lie. Das war und ist manch­mal schwie­rig, aber ich habe mich ein­mal ent­schie­den und das trägt mich. Ich habe bei den Kapu­zi­nern mei­ne Hei­mat gefunden.

Wenn es Pro­ble­me gibt, wie gehen Sie das an?

Das Gebet ist der rich­ti­ge Ort. Und Freun­de, die einem Mut geben. Ich habe immer wie­der Men­schen getrof­fen, die mir eine star­ke Stüt­ze waren, um mei­nen Weg als Ordens­mann weiterzugehen.

War­um haben Sie sich für den Ordens­na­men Tobi­as entschieden?

Ich bin auf den Namen Huber­tus getauft wor­den, da mein Vater, ein Jäger, unbe­dingt einen Huber­tus haben woll­te. Als ich in den Orden ein­trat, war es üblich, einen neu­en Namen anzu­neh­men. Heu­te ist das nicht mehr der Fall. Damals lief es so: Wir durf­ten sechs Namen auf­schrei­ben, zu berück­sich­ti­gen war, dass es jeden Namen in der Pro­vinz nur ein­mal geben durf­te. Ich habe in die­ser Zeit im Stun­den­ge­bet einen Psalm von Tobi­as gese­hen und so kam die­ser Name auf die Lis­te. Im Buch Tobi­as steckt viel Weis­heit und Tie­fe. Mein Novi­zen­meis­ter hat dann ent­schie­den. Ich fin­de den Namen gut und er passt zu mir.

Es gibt immer ande­re Optio­nen. Das war und ist manch­mal schwie­rig, aber ich habe mich ein­mal ent­schie­den und das trägt mich.

Nicht nur die Namens­su­che der Brü­der hat sich geän­dert, auch vie­le ande­re Din­ge haben sich seit ihrem Ein­tritt in den Orden gewandelt. 

Das ist in der Tat so. Die Klau­sur ist nicht mehr so vor­han­den wie frü­her, auch vie­le sehr stren­ge Tra­di­tio­nen wur­den ver­än­dert. Zu mei­ner Jugend­zeit im Orden wur­de das Stun­den­ge­bet noch auf Latein gespro­chen, es gab noch die „Pro­stra­tio“, also das Sich­nie­der­wer­fen im Chor und in der Kir­che. Ich fand das recht schön damals. Viel­leicht passt es heu­te nicht mehr, aber für mich war das eine from­me Ges­te, die ich ger­ne gemacht habe. Dass das Stun­den­ge­bet heu­te auf Deutsch ist, fin­de ich gut, denn die Tex­te, die Für­bit­ten und die Psal­men sind wirk­lich auch heu­te noch, 50 Jah­re nach dem Kon­zil, sehr gut. Das Stun­den­ge­bet und die täg­li­che Mess­fei­er lie­be ich sehr.

In der Aus­bil­dung war es noch üblich, dass Sie Ihre Mut­ter nur ein­mal im Jahr besu­chen durfte. 

Ja. Und das Tref­fen fand auch nur im Sprech­zim­mer statt. Es war sehr hart für mich, das muss ich sagen. Und auch die Ver­set­zun­gen am Anfang, ohne gro­ße Rück­spra­che, haben zu Kla­ge und Trä­nen geführt.

Haben Sie den Wan­del in Orden und Kir­che als posi­tiv empfunden? 

Das Kon­zil hat sehr wich­ti­ge Ver­än­de­run­gen mit sich gebracht. Das war nötig und auch gut so. In der Zeit danach wur­de es mir dann aber manch­mal doch zu wild. Wan­del ist nötig, das ist mir klar. Aber ich bin ein eher kon­ser­va­ti­ver Mensch und schöp­fe mei­ne Kraft aus den Wurzeln.

Wird Wer­ne Ihre letz­te Sta­ti­on sein?

Einen alten Baum soll man bekannt­lich nicht mehr ver­set­zen. Ich möch­te das auch nicht und nicht noch ein­mal neu anfan­gen müs­sen. Auf alle Fäl­le wird Wer­ne mei­ne letz­te Sta­ti­on sein – so Gott will!

Das Inter­view führ­te Tobi­as Rauser

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