Standpunkte

FOTO: KAPU­ZI­NER

Br. Guido Kreppold

wur­de 1939 in Luk­ka gebo­ren und trat mit 20 Jah­ren in den Kapu­zi­ner­or­den ein. Der Pries­ter und Psy­cho­lo­ge lebt im Kapu­zi­ner­klos­ter in Ingolstadt. 

24. Febru­ar 2022

Ist Gott überflüssig geworden?

Wenn Gott und Kir­che in der Gesell­schaft ver­schwin­den, dann gilt den­noch: Gott ist nicht tot. Der Weg zu einer Got­tes­er­fah­rung, die nicht ein­engt, son­dern Frei­heit, Lie­be und Ent­fal­tung ermög­licht, ist auch heu­te mög­lich und nötig, sagt Br. Gui­do Kreppold. 

„Gott ist tot.“ Das sag­te vor mehr als 100 Jah­ren Fried­rich Nietz­sche. „Die Kir­che ist am Null­punkt.“ Das sag­te erst vor kur­zem das Ober­haupt der Diö­ze­se Mün­chen. Gott ist aus dem Lebens- und Gedan­ken­kreis eines gro­ßen Teils der Bevöl­ke­rung ver­schwun­den, eben­so die orga­ni­sier­te, wahr­nehm­ba­re Kir­che. Müs­sen wir das rat­los alles nur hinnehmen?

Am bes­ten ist es, wenn wir auf Jesus selbst zurück­ge­hen. Sei­ne ers­te Rede in Kaphar­na­um (Mk 1,21–28) ist ein Mus­ter für das wei­te­re Wir­ken. Die Anwe­sen­den rei­ßen Mund und Ohren auf. Jedes Wort schlägt ein und lässt sie nicht mehr los. Es ist eine Atmo­sphä­re im Raum, in der kei­ner mehr hus­tet oder aus Lang­wei­le mit Füßen scharrt. Sie hät­ten ihm stun­den­lang zuhö­ren kön­nen. Dabei redet er „nur“ von Gott. Es wird wei­ter­ge­sagt als die neu­es­te, wich­tigs­te Nach­richt, die Mas­sen in Auf­re­gung ver­setzt. Es ist eine Kraft in sei­ner Spra­che, in sei­nem Blick, in sei­ner Berüh­rung, wel­che zutiefst auf­wühlt, erschüt­tert. Man­che schrei­en auf oder wei­nen vor Freu­de, ande­re kön­nen nicht mehr auf­hö­ren, Gott zu loben, wer­fen alles hin, geben das Letz­te und kön­nen sich nicht mehr von ihm tren­nen. Dies zeigt die Spur, auf der wir heu­te Gott suchen können.

Gott ist innen.

Der Wen­de­punkt für Kir­che und Gesell­schaft liegt in der Tie­fe der eige­nen Exis­tenz, an jenem Punkt unse­rer Per­son, an dem wir wie die Leu­te von damals zutiefst betrof­fen sind. Oft sogar so, dass Trä­nen flie­ßen und die Stim­me ver­sagt. Dann muss man nicht etwas glau­ben oder machen, es geschieht etwas mit einem. Der alte Aus­druck dafür ist „Gna­de“. Die­se Erfah­rung ist jedem mög­lich, ganz gleich, ob jemand an Gott glaubt oder nicht. Dar­in zeigt sich ein neu­es Got­tes­bild: Nicht mehr eines, wel­ches das Leben ein­engt, son­dern eines, in dem wir uns ent­fal­ten, wo Frei­heit und Nähe zugleich mög­lich sind, wo die Lie­be gelingt.

Die Auf­ga­be besteht nicht dar­in, jemand mit Argu­men­ten zuzu­schüt­ten, son­dern uns selbst und ande­ren die Chan­ce zu geben, sich dem zu öff­nen, was zuin­nerst nahe geht, was schmerzt und was hof­fen lässt. Dies ist in einer the­ra­peu­ti­schen Begeg­nung und in jedem ver­trau­ens­vol­len Gespräch über das eige­ne Schick­sal möglich.

Die ande­re Spur ist die der abso­lu­ten Stil­le, wel­che die gro­ßen Mys­ti­ker schon immer ver­folg­ten und die über die fern­öst­li­che Medi­ta­ti­on bei uns neu ent­deckt wur­de. Gemeint ist eine Stil­le, die mehr ist als nur schwei­gen. Eine Stil­le, die von sich aus wirkt, die immer neu anzieht. Vie­le spü­ren das, wenn sie ihren Urlaub in einem Medi­ta­ti­ons­haus oder in einem Klos­ter ver­brin­gen. Reli­giö­se Inhal­te, Bil­der, Wor­te: All das wird leben­dig, man spürt das Hei­li­ge einer Kir­che, der hei­li­gen Hand­lun­gen, man hört die Tex­te anders. Beten macht wie­der Freu­de. Wenn Gott aus dem Hori­zont ver­schwin­det, dann gilt: Nicht Gott ist tot, son­dern das reli­giö­se Organ. Aber es kann zu neu­em Leben geweckt wer­den, das sogar stär­ker ist als die Strö­mung der Zeit.

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