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GRA­FIK: Chris­ti­ne Plößer

22. Mai 2022

Kapuziner-FAQ: Was ist ein „Kapitel“ und wie laufen Versammlung und Wahlen ab?

In unse­ren „Kapu­zi­ner-FAQ“ beant­wor­ten wir die wich­tigs­ten Fra­gen rund um die Ordens­welt. Heu­te: Was ist eigent­lich ein Kapi­tel? Wer wählt, wie läuft das ab? Und gibt es beson­de­re Ritua­le auf einem Kapitel? 

Was ist ein „Kapitel“? 

Ein Kapi­tel ist die Ver­samm­lung der ent­schei­dungs­be­rech­tig­ten Mit­glie­der eines Ordens bzw. einer Ordens­ein­heit. Es trifft sich in fest­ge­leg­ten Abstän­den. Ein Pro­vinz­ka­pi­tel tagt in der Regel alle drei Jah­re. Dabei wird die Lei­tung gewählt und es wer­den grund­sätz­li­che Ent­schei­dun­gen für die kom­men­den Jah­re getrof­fen. Der Name kommt vom latei­ni­schen Wort capi­tu­lum, das bedeu­tet „Köpf­chen“ oder „klei­nes Haupt“. Es meint also, dass hier das höchs­te Ent­schei­dungs­gre­mi­um ver­sam­melt ist. Eine ande­re Erklä­rung besagt, dass bei die­sen Ver­samm­lun­gen jeweils zu Beginn Kapi­tel aus der Regel vor­ge­le­sen wur­den und der Name daher stammt.

Welche verschiedenen Kapitel gibt es bei den Kapuzinern? 

Der Orden ist auf­ge­teilt in ver­schie­de­ne Ver­wal­tungs­ein­hei­ten: Der Gesamt­or­den hält alle sechs Jah­re ein soge­nann­tes Gene­ral­ka­pi­tel. Auf der Pro­vinz­ebe­ne (wie bei uns in der Deut­schen Kapu­zi­ner­pro­vinz) und in den soge­nann­ten Kus­to­dien fin­den alle drei Jah­re Wahl­ka­pi­tel statt. In den Klös­tern tref­fen sich die Brü­der viel regel­mä­ßi­ger, um anste­hen­de Ent­schei­dun­gen zu bespre­chen. Dar­über hin­aus gibt es Sach­ka­pi­tel. Dabei wird nicht gewählt, son­dern es wer­den, wie der Name sagt, Sach­the­men behan­delt. Eine Spe­zia­li­tät der fran­zis­ka­ni­schen Orden ist das soge­nann­te Mat­ten­ka­pi­tel. Es ist eine brü­der­lich-spi­ri­tu­el­le Zusam­men­kunft. Schon der hei­li­ge Fran­zis­kus ver­an­stal­te­te sol­che Ver­samm­lun­gen. Weil die Brü­der so zahl­reich waren, schlie­fen sie auf Stroh­mat­ten, daher der Name.

Wie lange dauert ein Kapitel?

Die Län­ge eines Kapi­tels rich­tet sich nach den zu behan­deln­den The­men. Gene­ral­ka­pi­tel dau­ern meh­re­re Wochen, ein Pro­vinz­ka­pi­tel zwi­schen drei und fünf Tagen. Die Haus­ka­pi­tel in einem Klos­ter sind in der Regel in ein bis zwei Stun­den erledigt.

Wer darf bei einem Kapitel teilnehmen?

Stimm- und wahl­be­rech­tigt sind die Brü­der mit ewi­gen Gelüb­den, also die, die sich für immer an die Gemein­schaft gebun­den haben. Eine Pro­vinz kann ent­schei­den, ob alle teil­neh­men sol­len oder ob man Dele­gier­te wählt. Die­se Ent­schei­dung hängt oft von der Grö­ße ab. Bei uns in Deutsch­land gibt es kei­ne Dele­gier­ten. Als Gäs­te kön­nen auch die Brü­der teil­neh­men, die noch in der Ordens­aus­bil­dung ste­hen. Das Kapi­tel selbst ent­schei­det über die Zulas­sung von Gästen.

Wer leitet und organisiert dieses Treffen?

Ein Pro­vinz­ka­pi­tel wird beim Gene­ral­mi­nis­ter in Rom bean­tragt und von die­sem dann ein­be­ru­fen. Die zustän­di­gen Obe­ren sind dann ver­ant­wort­lich für die Orga­ni­sa­ti­on der Kapi­tel. Oft gibt es eige­ne Kom­mis­sio­nen, die die Ordens­ver­samm­lung inhalt­lich vor­be­rei­ten. Die ein­zel­nen Brü­der kön­nen Anträ­ge stel­len, die beim Kapi­tel zu behan­deln sind.

Alle drei Jahre wird bei den Kapuzinern ein Provinzial gewählt: Welche Rechte hat dieser?

Der Pro­vin­zi­al ist der obers­te Lei­ter der Pro­vinz. Er ist der Ver­tre­ter nach außen. Zu sei­nen Rech­ten gehört die Ernen­nung der Haus­obe­ren, die Zulas­sung von jun­gen Män­nern zum Orden und die end­gül­ti­ge Auf­nah­me jun­ger Brü­der in den Orden. Der Pro­vin­zi­al ist gegen­über den Brü­dern wei­sungs­be­fugt und ent­schei­det über Ver­set­zun­gen und die Ver­ga­be von Auf­ga­ben. Wich­tig ist aber, dass die Arbeit des Pro­vin­zi­als kei­ne „One-Man-Show“ ist. Im Gegen­teil: Der Pro­vin­zi­al spricht sich aktiv mit sei­nem Pro­vinz­rat und mit den jeweils betrof­fe­nen Brü­dern ab und infor­miert die gan­ze Pro­vinz über alle wesent­li­chen Dinge. 

Wie wird gewählt?

Die Wah­len fol­gen einem fest­ge­leg­ten Ritu­al und begin­nen mit einem Gebet zum hei­li­gen Geist. Die stimm­be­rech­tig­ten Brü­der wäh­len zunächst den Pro­vin­zi­al­mi­nis­ter. Für die Wahl ist die abso­lu­te Mehr­heit der Stim­men nötig. Ist nach drei Wahl­gän­gen kei­ne Ent­schei­dung gefal­len, fin­det eine Stich­wahl zwi­schen den bei­den Brü­dern mit den meis­ten Stim­men statt. Hier genügt die ein­fa­che Mehr­heit. Dann wer­den in ähn­li­cher Wei­se die Räte gewählt. Ste­hen alle vier Räte fest, wird aus die­sen der Pro­vinz­vi­kar gewählt, das ist der Stell­ver­tre­ter des Pro­vin­zi­als. Der Pro­vin­zi­al muss min­des­tens drei Jah­re ewi­ge Pro­fess haben. 

Stellt sich jeder mit einem Programm vor, gibt es einen Wahlkampf?

Wah­len sind bei den Kapu­zi­nern kein Wett­be­werb. Es gibt weder Kan­di­da­ten und Wahl­kämp­fe. Statt­des­sen schreibt jeder Bru­der den Bru­der auf dem Stimm­zet­tel, den er für den geeig­nets­ten Kan­di­da­ten hält. Wenn ein Bru­der mehr als die Hälf­te der Stim­men bekommt, dann ist er gewählt. Ansons­ten gibt es wei­te­re Wahl­gän­ge. Im letz­ten Wahl­gang reicht dann eine ein­fa­che Mehr­heit der Stim­men, um einen Mit­bru­der zu wäh­len. Neben die­sem Wahl­ver­fah­ren, das Kan­di­da­tu­ren erschwert, pas­sen Wahl­kämp­fe auch nicht zu uns. Als Kapu­zi­ner ver­ste­hen wir uns als „Min­der­brü­der“. Unse­re Ämter und Auf­ga­ben sehen wir als ein Dienst an Ande­ren und nicht als Mög­lich­keit Macht auszuüben.

Wird der Provinzial vereidigt? Und kann Rom den gewählten Provinzial ablehnen?

Der gewähl­te Pro­vin­zi­al und sein Stell­ver­tre­ter brau­chen die Zustim­mung des Gene­ral­obe­ren des Ordens. Ent­spre­chend kann die­ser auch einen gewähl­ten Kan­di­da­ten ableh­nen. Ist die Zustim­mung erfolgt, ver­kün­det der Kapi­tel­s­se­kre­tär im Abend­ge­bet das offi­zi­el­le Wahl­er­geb­nis. Der Pro­vin­zi­al und sein Stell­ver­tre­ter müs­sen anschlie­ßend vor den ver­sam­mel­ten Brü­dern ihren Glau­ben beken­nen. In unse­rer Pro­vinz schlie­ßen sich auch die Räte die­sem Glau­bens­be­kennt­nis an. Danach erfolgt die Über­ga­be des Amtssiegels.

Wieso darf ein Provinzial nur zweimal antreten?

Als Kapu­zi­ner ver­ste­hen wir uns als Gemein­schaft von Brü­dern. Alle sol­len gleich sein. Die Lei­tungs­äm­ter sind kei­ne „Chef-Pos­ten“ bei denen einer „das Sagen“ hat, son­dern sol­len ein Dienst an den Brü­dern sein. Dass die Amts­zeit des Pro­vin­zi­als begrenzt ist, hat den Vor­teil, dass sich nie­mand dar­an gewöhnt zu füh­ren. Jeder tritt nach einer Zeit der Lei­tung wie­der ins Glied zurück. Macht ist also begrenzt und wird durch das Kapi­tel kon­trol­liert. In Aus­nah­me­fäl­len kann ein Pro­vin­zi­al auch ein drit­tes Mal gewählt wer­den. Das geht aber nur, wenn er im ers­ten Wahl­gang eine Zwei­drit­tel­mehr­heit erhält. Die Hür­de liegt also sehr hoch.

Was macht der Provinzrat?

Der Pro­vinz­rat berät den Pro­vin­zi­al und unter­stützt ihn in sei­ner Arbeit. Bei vie­len The­men ist es gut, wenn Ent­schei­dun­gen nicht ein­sam getrof­fen wer­den, son­dern es eine gemein­sa­me Dis­kus­si­on und Ent­schei­dungs­fin­dung gibt. Daher gibt es auch ver­schie­de­ne Ent­schei­dun­gen, bei denen der Pro­vin­zi­al die Mei­nung bzw. die Zustim­mung sei­nes Pro­vin­zi­al­ra­tes ein­ho­len muss. Das sind etwa die Benen­nung von wich­ti­gen Ämtern wie das des Pro­vinz­se­kre­tärs oder die Zulas­sung von jun­gen Brü­dern zum end­gül­ti­gen Ordenseintritt.

Was macht der Provinzvikar?

Der Pro­vinz­vi­kar ist der Stell­ver­tre­ter des Pro­vin­zi­als. Er ver­tritt dem Pro­vin­zi­al bei Abwe­sen­heit und Ver­hin­de­rung und kann in die­sem Fall die Amts­ge­schäf­te von ihm über­neh­men. Des Wei­te­ren unter­stützt der Pro­vinz­vi­kar den Pro­vin­zi­al im Alltagsgeschäft.

Wie werden Provinzrat und Provinzvikar gewählt?

Bei den Kapu­zi­nern gibt es kei­ne Kan­di­da­ten. Statt­des­sen schreibt jeder Stimm­be­rech­tig­te den Namen eines Bru­ders auf, den er für geeig­net hält. Der Pro­vinz­rat setzt sich aus vier soge­nann­ten Räten zusam­men, die in ein­zel­nen Wahl­gän­gen nach­ein­an­der gewählt wer­den. Pro Rat und auch spä­ter beim Pro­vinz­vi­kar gibt es bis zu drei Wahl­gän­ge. In den ers­ten bei­den Wahl­gän­gen benö­tigt der gewähl­te Bru­der eine abso­lu­te Mehr­heit, im letz­ten Wahl­gang kommt es zur Stich­wahl zwi­schen den bei­den Kan­di­da­ten mit den meis­ten Stim­men. Jetzt reicht eine ein­fa­che Mehrheit.

Gibt es besondere Rituale auf einem Kapitel?

Das Kapi­tel beginnt mit einem Got­tes­dienst. Dabei wer­den die stimm­be­rech­tig­ten Teil­neh­mer ein­zeln auf­ge­ru­fen. Die­se Art des Beginns zeigt, dass ein Kapi­tel kein Par­tei­tag ist, son­dern eine Fei­er unse­res Glau­bens. Vor der Wahl wird beson­ders gebe­tet und der Hei­lig-Geist-Hym­nus gesungen.

Was passiert, wenn der Provinzial zurücktritt oder sein Amt nicht mehr ausüben kann?

Ist das Amt des Pro­vin­zi­als mehr als acht­zehn Mona­te vor dem nächs­ten Pro­vinz­ka­pi­tel nicht mehr besetzt, so holt der Gene­ral­mi­nis­ter, also der Lei­ter des Gesamt­or­dens, ein Votum von jedem beim Pro­vinz­ka­pi­tel stimm­be­rech­tig­ten Bru­der ein und ernennt anschlie­ßend einen neu­en Pro­vin­zi­al. Der neue Pro­vin­zi­al ist dann bis zu dem nächs­ten regu­lär statt­fin­den Pro­vinz­ka­pi­tel im Amt. Bei kür­ze­ren Vakan­zen über­nimmt der Pro­vinz­vi­kar die Auf­ga­ben des Provinzials.

Kann ein Provinzial auch in seiner Amtszeit von den Brüdern abgesetzt werden? 

Der Gene­rals­mi­nis­ter kann als Lei­ter des Gesamt­or­dens einen Pro­vin­zi­al aus schwer­wie­gen­den Grün­den abset­zen. Dies kön­nen Pflicht­ver­let­zun­gen oder eine schlecht geführ­te Ver­wal­tung sein, wenn trotz Ermah­nung kei­ne Bes­se­rung ein­tritt. Für eine sol­che Abset­zung benö­tigt der Gene­ral­mi­nis­ter die Zustim­mung sei­nes Rates, also des Lei­tungs­gre­mi­ums des Gesamtordens.

Es gibt ja auch Guardiane, die Hausoberen, die einen Konvent leiten. Wie werden diese bestimmt?

Die Haus­obe­ren wer­den vom Pro­vin­zi­al für drei Jah­re ernannt. Dabei bespricht sich der Pro­vin­zi­al im Vor­feld mit dem betref­fen­den Bru­der und berät sich mit der der Provinzleitung.

Was ist, wenn Corona einen Strich durch die Rechnung macht: Geht das alles auch digital?

Unser letz­tes Kapi­tel fand wegen Coro­na nur digi­tal statt. Dort haben wir aber nur über Sach­the­men dis­ku­tiert. Bei Wah­len und Ent­schei­dun­gen hin­ge­gen müs­sen alle anwe­send sein. Eine Brief­wahl wie zum Bei­spiel bei der Bun­des­tags­wahl gibt es nicht. Kann ein Kapi­tel nicht statt­fin­den, dann muss es bald­mög­lichst nach­ge­holt wer­den. Wäh­rend der Coro­na-Pan­de­mie waren Ver­samm­lun­gen lan­ge Zeit unmög­lich. In die­sen Fäl­len hat der Gene­ral­mi­nis­ter in Rom dann – nach einer Befra­gung der Brü­der –  eine neue Lei­tung ernannt.


Inhal­te: Br. Hel­mut Rakow­ski und Br. Alex­an­der Schröter

Bis­her sind unse­re Kapu­zi­ner-FAQ zu den The­men „Juni­o­rat“, „Novi­zi­at“, „Pro­fess und Gelüb­de“, „Stun­den­ge­bet“ und „Kapi­tel“ erschie­nen. 

 

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